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Der Regisseur über den Film / Islam in den Medien

Der Regisseur über den Film
Als Filmemacher aus Sarka/Jordanien, der in Europa lebt, wollte ich herausfinden, warum Extremismus in meiner Heimatstadt so einfach zu gedeihen scheint. Nach acht Jahren im Ausland bin ich also nach Sarka zurück gekehrt, um für einen Film zu recherchieren, der die kulturellen Konflikte zwischen dem Islam und dem Westen untersuchen und andere Repräsentationsmöglichkeiten als die der Medien finden sollte, welche dazu tendieren, zwei Seiten zu zeigen und uns dann zwingen, uns für eine zu entschieden.

Ich war von der Situation schockiert; es war acht Jahre her, dass ich das letzte Mal dort war und es war ein Desaster. Es gab dort immer Armut und Frustration, aber nicht in dem Maße, das ich jetzt vorfand. Ich musste weiter nachhaken, nicht nur um mehr über religiösen Extremismus zu erfahren, über den wir so viel in den Nachrichten hören sondern über kulturellen Extremismus - Armut, Lebensstandards, Frustration - Geschichten, die man selten zu hören bekommt. Als ich durch Sarka fuhr habe ich gemerkt, dass die Leute, die sich mir öffneten, und vielleicht sogar die, die mir Angst machten, sich dieselben Fragen stellten. Während ich probierte, das Labyrinth der Medienbilder und der Realität vor Ort  zu bewältigen und versuchte, Antworten zu finden, traf ich Abu Ammar. Er war der Mann, der mir zeigte, dass sogar die, die als am extremsten gelten, nicht so eindimensional sind, wie die Welt meinen mag. Der Fokus meines Films änderte sich und Recycle war geboren.

Abu Ammar versinnbildlicht die Situation in Sarka sowie in vielen anderen Problemgegenden im Nahen Osten und sein Beispiel zeigt, wie die angespannte Umgebung, die raue Ökonomie, die Verflechtung von Religion, Ökonomie und Politik fermentiert und mögliche explosive Situationen schaffen kann. Ich habe festgestellt, dass hinter dem Handeln von Menschen nicht immer eindeutige Überzeugungen stehen. Jedes Individuum hat Teil an einem Konflikt zwischen inneren Überzeugungen und äußeren Zwängen, stellt in Frage, reflektiert, recycelt.


ERGÄNZUNG
Nachdem ich einen Rohschnitt von Recycle fertig gestellt hatte, war ich so froh, dass er beim Sundance Institute Documentary Lab angenommen und so freigiebig von dessen Documentary Fund unterstützt wurde. Nach drei Jahren, in den ich so viel Energie in das Projekt gesteckt hatte ohne zu wissen, wie es angenommen werden würde, war ich sehr glücklich Leute zu finden, die genauso neugierig wie ich über unsere im Streit scheinenden Kulturen waren. Ich weiss, dass wenn wir weiterhin tief in unsere Herzen und Seelen blicken, wir anfangen können, Stereotype aufzubrechen, zu verstehen, was hinter ihnen steckt, Wege zu finden, sie zu überwinden und zu einem emphatischeren Verständnis für unsere Welten zu kommen. (Mahmoud Massad)

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Islam in den Medien

RECYCLE eignet sich besonders für Veranstaltungen zu Medienbildern und Islam im weitesten Sinne. Der Film konterkariert die vorherrschenden Bilder des Konfliktes, der im Allgemeinen zwischen "dem Islam" und "dem Westen" ausgemacht wird. RECYCLE nimmt sich Zeit, hört zu, fragt mittels einer würdigen und zugleich schonungslosen Kamera und fordert somit eingefahrene Wahrnehmungs- und Denkmuster heraus.
Auf dieser Seite finden Sie Links zu Texten, die sich mit Islam und Medien befassen und interessant für die Kontextualisierung von RECYCLE sind. Für eigene Veranstaltungen, als Links zum Film auf Ihrer Website oder zur Auslage im Kino.

Texte
Islam und Medien: Bilder im Kopf - von Sonja Hegasy für Qantara.de, 2006
Die Realität in den arabischen Ländern sieht oft völlig anders aus, als sie in westlichen Medien dargestellt wird. Der Schein von den "substantiell anders gearteten Gesellschaften" der islamischen Welt trügt.
Die gesellschaftliche Realität in den arabischen Ländern sieht oft völlig anders aus, als sie von den westlichen Medien dargestellt wird. Der Schein von den "substantiell anders gearteten Gesellschaften" der islamischen Welt trügt, wie Sonja Hegasy berichtet.
​​Jürgen Chrobogs Diktum, ob er denn mit dem fliegenden Teppich vom Jemen nach Hause hätte reisen sollen, bringt das Problem auf den Punkt. Wenn es um die Berichterstattung über die arabische Welt geht, dann bekommen wir immer dieselben Versatzstücke präsentiert: der fliegende Teppich, der Dieb von Bagdad, die verschleierte Frau und der betende Mann. weiter

Die gerahmte Welt - von Charlotte Weiedemann für der Freitag, 12.3.2004
Auslandsberichterstattung im Zeitalter globaler Medien Wir sind Blinde, sobald wir unseren vertrauen Kulturkreis verlassen
Ferne Länder sind wie Erzählungen. Es ist schwer, aus einer solchen Erzählung auszubrechen, wenn sie sich erst einmal festgesetzt hat, wenn sie durch vielfaches Wiederholen rund geschliffen worden ist zu einem handlichen Stück Gebrauchs-Wahrheit. Will ein Korrespondent die Erzählung eigenmächtig ändern, dann reagieren die Redakteure in der Zentrale so entrüstet wie Kinder, denen plötzlich eine veränderte Fassung ihres Lieblingsmärchens erzählt wird. Indonesien hatte lange Zeit nur eine Pointe: Wann zerbricht das Inselreich? Die Annahme, es zerbräche nicht, verriet Leichtfertigkeit oder schlimmer: Unkenntnis. Die Pointe konnte nur verdrängt werden durch eine andere, noch stärkere Pointe: Wird Indonesien islamistisch? Falls der Terrorismus je aufhören sollte, die Perspektive unserer Weltsicht zu bestimmen, wird gewiss das Zerbrechen des Inselreichs erneut ein drängendes Thema. weiter

(Hintergrund zu al-Sarkawi und Sarka)
Der Zorro des Jihad - von  Loretta Napoleoni für der Freitag am 10.02.2006
Mythos al Sarkawi Amerikaner, Jordanier und Kurden haben ihn gemeinsam geschaffen und damit al Qaida zu einem globalen anti-imperialistischen Credo verholfen.
Wie die meisten so genannten Terrorismus-Experten, hörte ich den Namen al Sarkawis erstmals am 5. Februar 2003, als ihn Collin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat als eine Art Verbindungsmann zwischen al Qaida und Saddam Hussein darstellte. Zu dieser Zeit wusste ich bereits, dies war eine Fiktion: Al Qaida hatte zwar 1998 versucht, Saddam über dessen Sohn Udai zu kontaktieren, doch hatte sich der irakische Diktator geweigert, auch nur mit Osama bin Laden zu sprechen. Damals wusste ich allerdings nicht, ob al Sarkawi al Qaida angehörte. So begann ich, jihadistische Websites und Berichte aus den arabischen Medien zu lesen und interviewte per e-mail zahlreiche Jihadisten, so dass die Lebensgeschichte al Sarkawis nach und nach Gestalt annahm. weiter

Die Studie Das Gewalt- und Konfliktbild des Islam bei ARD und ZDF  von Kai Hafez und Carola Richter (Uni Erfurt, 2007) wird nach wie vor viel rezipiert. Eine Reflexion von Thorsten G. Schneiders s.u.

Islambild in deutschen Medien: "Wir" und "die Anderen" - von Thorsten Gerald Schneiders für Qanatara.de, 2014
Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September ging die mediale Berichterstattung über die Religion des Islam häufiger im Kontext von "Wir" und "die Anderen" auf. Der Islam- und Politikwissenschaftler Thorsten Gerald Schneiders gibt in seiner Analyse Antworten auf die Frage, welchen Wandel das Islambild in den deutschen Medien erfahren hat. weiter...

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